Sehr geehrter Herr stellvertretender Landrat,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

welch Wohltat ist es doch immer wieder, den Haushaltsentwurf von Herrn Hessenius Jahr für Jahr durcharbeiten und beraten zu dürfen.

Klare und erkennbare Haushaltsstrukturen und -entwicklungen, deutlich zu identifizierende Veränderungen und eine Erläuterungsmethodik, die selbst bei der ersten Lektüre keine Fragen offen läßt.

Herr Hessenius, direkt zu Beginn meiner Rede für ihre und die Arbeit ihrer ganzen Abteilung einen herzlichen Dank und ein dickes Lob von unserer Fraktion.

Wie sehr diese Abteilung und deren Arbeit von Ihnen abhängig ist, zeigte sich aber leider während ihrer Abwesenheit bei den Haushaltsplanberatungen einiger Fraktionen, darunter auch unserer, wo die Möglichkeiten der Haushaltserläuterungen um es doch vorsichtig auszudrücken sehr eingeschränkt waren.

Aber bei einer so klaren Haushaltsführung entwickeln sich Haushaltsplanberatungen dann natürlich auch recht einfach und auch wenn einzelne Haushaltspositionen sehr investiv diskutiert wurden, so zeigt die Anzahl der Änderungsanträge in den Fachausschüssen und dem Kreisausschuss ja ein bereits aus den vergangenen Jahren gewohntes Bild der eigentlich breiten Zustimmung für den Haushalt, wenngleich natürlich auch immer wieder die gleichen teils sinnfremden, ablehnenden Haushaltsreden folgen werden.

Aber auch wenn die Herausforderungen in der Haushaltsberatung übersichtlicher und teils kleiner werden, so steigen auf der anderen Seite doch die zu meisternden Herausforderungen an anderer Stelle im Kreis umso mehr.

Während uns allen hier im Raum noch vor wenigen Jahren ein deutlicher Bevölkerungsrückgang im Kreis Euskirchen prognostiziert wurde und wir uns auf die dementsprechend aufkommenden Problemlagen mit zB weitreichendem Leerstand etc. beschäftigten, gelten wir heute in der regionalen Entwicklung bis zum Jahr 2040 auf Landesebene als Kreis mit einer kontinuierlichen Zunahme bis zum Jahr 2040 und befinden uns damit in der besseren Hälfte der landesweiten Kreise und kreisfreien Städte.

Da diese sich abzeichnende Entwicklung jedoch langfristig kaum vorhersehbar und mit hohen Unsicherheiten in den regionalen Entwicklungen verbunden ist, ist neben einer konsequenten Weiterentwicklung der weichen und harten Standortvorteile unseres Kreises vor allem eine differenzierte und flexible wohnungspolitische Strategie dringend gefordert.

Wir sind sehr froh, dass der Kreis mit der Gründung eines Bündnisses für Wohnen hierzu noch in diesem Jahr einen Startschuss geben wird. Einen Startschuss zur erstmalig kreisweiten Strategie der Steuerung des Wohnungsmarktes im ganzen Kreis Euskirchen und unter Beteiligung aller wichtigen Marktakteure, inkl. unserer elf Kommunen.

Wie wichtig eine solche möglichst frühzeitig anzugehende und kreisweite Strategie ist, sehen wir leider alle derzeit an dem mittlerweile offen ausgetragenen Wettbewerb, oder besser ausgedrückt, in Teilen schon Kleinkrieg der Bürgermeister untereinander um die bestmögliche Lenkung der Grundschulkinder in die eigenen weiterführenden Schulen.

Als die Gemeinde Weilerswist vor 26 Jahren die erste Gesamtschule im Kreis gründete, versuchte man über Jahre hinweg vergeblich die anderen Kommunen an der Finanzierung der Schule zu beteiligen, obwohl bis heute der weit überwiegende Teil der Schülerinnen und Schüler aus eben diesen anderen Kreiskommunen kommt.

Vor wenigen Jahren erst waren es SPD und CDU hier im Kreis, die leider vergeblich versuchten, die Bürgermeister davon zu überzeugen, dass eine kreisweite Schulplanung für alle Beteiligten nur von Vorteil sein kann.

Heute nun sind wir in einer Situation angekommen, wo die Bürgermeister uns als Kreis offen auffordern bestehende Buslinien zu kappen, um eigene Schulstandorte durch auspendelnde Kinder nicht zu gefährden.

Meine Damen und Herren lassen Sie mich ganz offen sagen, dass es nicht unsere Aufgabe ist, kreisweite Schulpolitik zu betreiben, denn die Kommunen haben dies abgelehnt als wir  es gemeinsam mit ihnen konzeptionell angehen wollten.

Lassen Sie mich aber bitte auch genau so klar in Richtung unserer Kommunen sagen, dass sofern dies nun gewünscht ist, wir als Kreispolitiker natürlich die ersten sein werden, die einen solchen Prozeß sofort wieder in Gang bringen werden. 

Aber bitte konzeptionell und kreisweit und nicht im Sinne eines reinen Abschottungsdenken einiger Damen und Herren.

Während die Bürgermeister im Rahmen des Beteiligungsverfahren dieses Jahr entweder erst gar keine Stellungnahme abgegeben haben oder doch sehr ruhig und sachlich geblieben sind, so drückten sie insgesamt doch alle die Hoffnung aus, dass die Kreisumlage die Konsolidierungsbemühungen in den kommunalen Haushalten nicht weiter belasten werden.

Hoffnung ist an dieser Stelle eigentlich genau das richtige Stichwort. Denn noch viel mehr als unsere elf Kommunen, sind wir als Kreis doch noch abhängiger von externen Einflüssen.

Und genau diese externen Einflüsse sind es ja, die uns das Leben noch viel schwerer machen bzw. unseren tatsächlichen Handlungsspielraum und unsere seit Jahren bestehenden Konsolidierungsbemühungen mehr und mehr begrenzen.

In diesem Sinne sind wir den Bürgermeistern da ganz eng verbunden und hegen die gleiche Hoffnung wie sie, nur dass es bei uns eben nicht um die Kreisumlage sondern um nicht beeinflussbare Punkte wie z.B. die Landschaftsumlage oder die Schlüsselzuweisungen des Landes Nordrhein-Westfalen geht.

Noch im vergangenen Jahr stellte Herr Reidt als Fraktionsvorsitzender der CDU an dieser Stelle die Benachteiligung unseres Kreises durch das Land Nordrhein-Westfalen im Hinblick auf die Kopfpauschale deutlich heraus und wies darauf hin dass diese unter keinerlei nachvollziehbaren Gesichtspunkten mehr gerechtfertigt sei. 

Interessant war vor einem Jahr sein Hinweis in der Haushaltsrede, dass Änderungen nur über andere Mehrheitsverhältnisse in Düsseldorf zu erreichen seien. 

Die Geschichte holt uns heute ein, mit einer anderen Mehrheit in Düsseldorf und keinerlei Verbesserung in der finanziellen Ausstattung unseres Kreises. 

Ach, was sind Wahlkampfsprüche doch manchmal einfach nur leere Hüllen ohne wirklichen Inhalt. Aber sicherlich wird Herr Voussem an vorderster Front auch gerade jetzt wieder genau bei diesem Thema für den Kreis Euskirchen kämpfen. Nur schade, dass sich dieses Thema so wenig für ein Pressefoto mit Schaufel eignet, sonst wäre sicherlich schon längst eins geschossen und veröffentlicht worden.

Aber dafür hat die neue Landesregierung ja jetzt ein neues Förderprogramm mit über 100 Millionen Euro aufgelegt um, wie es in der Pressemeldung so schön heißt: „Heimat vor Ort“ zu unterstützen. Sicherlich wäre eine Unterstützung von „Heimat in der Ferne“ ungleich schwieriger geworden und sicherlich wären die 100 Millionen direkt bei den Landeszuweisungen für die Kommunen besser aufgehoben gewesen, aber auch hier gilt wieder die gleiche Devise: Wo keine Scheckübergabe, da auch kein Pressefoto und somit kein Herr Voussem.

Aber am Punkt der Schlüsselzuweisungen hört unsere gemeinsame Hoffnung mit den Bürgermeistern ja noch lange nicht auf. 

Geschlossen hat der Kreisausschuss ja in seiner letzten Sitzung noch einmal seine Hoffnung darüber ausgedrückt, dass wir zukünftig deutlich mehr Personal in unserer Kreispolizeibehörde auffinden werden.

Hoffnung ist immer gut, die Realität leider, wie so oft, etwas anderes. Denn nur wenige Tage später wurde dann ja auch öffentlich bekannt, dass uns die neue CDU/FDP Landesregierung nicht mehr Personal schickt, sondern gleich direkt mal welches zum LKA abgezogen hat.

Frau Stolz, an dieser Stelle hätte ich mir für unsere Fraktion ehrlich gesagt gewünscht, dass Sie in ähnlicher Manier, wie es Herr Reidt in den vergangenen Jahren immer getan hat, auch heute Ihre Stimme erheben und berechtigt, laute Kritik an der Landesregierung üben. 

Aber dies war Ihre erste Haushaltsrede und da lagen die Prioritäten offensichtlich etwas anders. Ist aber kein Problem, im kommenden Jahr werden Sie die Gelegenheit haben, sich den auch dann noch nicht geänderten Realitäten erneut zu stellen und an dieser Stelle entsprechende Rufe nach Düsseldorf zu senden.

Am Ende des Tages müssen wir uns dann aber auch leider beim Thema der Verkehrserziehung der Realität stellen und unsere Hoffnung auf eine baldige und gesetzeskonforme Übernahme dieses wichtigen Themas durch die Kreispolizei wohl auf Jahre hinaus beerdigen. 

Vor diesem Hintergrund sollte es unser allen Bemühung dann in den kommenden Haushaltsjahren aber sein, die personelle Ausstattung der Verkehrserziehung erneut zu überdenken und mit den tatsächlich nötigen Mitteln auszustatten. Unsere Kinder und Enkel werden es uns danken und ich habe die Hoffnung, dass uns dies auch gelingen wird.

Aber die Hoffnung auf eine schnelle und entscheidende Besserung haben wir ja auch noch anderer Stelle, wenn es um die Entwicklung von Zukunftschancen geht. 

Unsere Großgewerbefläche mit dem schönen Namen PrimeSiteRhineRegion, sie hätte wohl besser PrimeSiteErftRegion oder ToBigToSellRegion geheißen, dient sicher im Sinne von Herrn Grutke weiter dem Anbau von hoffentlich Bio-Landwirtschaftsprodukten, aber eine Entwicklung im Sinne des Erfinders ist auch kurz vor Ablauf der AÖR noch lange nicht in Sicht.

Eilig hatte es zwar die Landesregierung die Mindestverkaufsfläche pressewirksam zu senken, in der Realität liegen wir damit aber immer noch weit, nein sogar sehr weit über den Maximalgrößen von Ansiedlungen in Deutschland in den letzten fünf Jahren.

Hoffnung zu haben auf einen asiatischen oder vielleicht sogar arabischen Großinvestor ist immer gut, eine an der Realität ausgerichtete Politik der Landesregierung wäre jedoch noch wesentlich hilfreicher. Hilfreicher für uns als Kreis Euskirchen, hilfreicher aber vor allem für die Kommunen des Kreises.

Wir müssen endlich anfangen uns mit der Frage zu beschäftigen, wie es nach dem Auslaufen der AÖR weitergehen kann und wird. Wir dürfen als Kreis Euskirchen keine Situation entstehen lassen, in der das bevorstehende Ende der AÖR zum entwicklungstechnischen Problem für viele, wenn nicht sogar alle, Kreiskommunen wird.

Und nicht nur an dieser Stelle müssen wir aufpassen, dass uns die Entwicklungen nicht ein- und sogar überholen.

Viele Nachbarn machen uns heute vor, wie Innovation funktioniert. Viele Unternehmen im Kreis machen uns vor, was vorausgedachte Innovation bedeutet. Wir als Kreis und Kreisverwaltung müssen aber endlich auf darauf achten, dass wir eine spontane Innovationsfreudigkeit entwickeln und uns nicht nur an den Entwicklungen unserer Nachbarregionen entlangarbeiten. 

Es ist ausserordentlich zu begrüßen, wie es die Kreissparkasse in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer Institut so z.B. innerhalb kürzester Zeit geschafft hat, einen Studiengang für Wirtschaftsinformatik in Euskirchen anzusiedeln.

Was wir brauchen ist aber eine genauso große, spontane Innovationsfähigkeit unseres Kreises. Andere machen uns vor, wie die Stärkung des eigenen Standortes funktioniert. Düren wirbt mit kostenlosen KiTa-Plätzen junge Familien ab und der Rhein-Erft-Kreis macht uns mit seiner Initiative Reload 2030 vor, wie man sich als herausragende und auf Innovation ausgelegte Wirtschaftsregion in den Wettbewerb um die Arbeitgeber von morgen aufmacht.

Wir glauben, dass die Mehrheit im Kreistag in den letzten Jahren konsequent dafür gesorgt hat, dass der Kreis nicht zur Belastung für die Kommunen geworden ist, sondern vielmehr als mannigfaltiger Dienstleister auf vielen Gebieten parat steht, diese in der zukünftigen Entwicklung zu unterstützen und hegen die Hoffnung, dass dies in unseren Kommunen bald auch endlich so erkannt und in vielen Bereichen mehr und offener angenommen wird, als es in den letzten Jahren der Fall war.

Jetzt gilt es sich dem regionalen Umfeld zu stellen, dessen Entwicklungen zu analysieren und den Kreis vor dem Hintergrund dieses Konkurrenzgefüges so aufzustellen, dass wir und nicht unsere Nachbarn, die besten Standortfaktoren im regionalen Wettbewerb vorweisen können um so gemeinsam mit unseren Kommunen die vorhandenen Entwicklungschancen optimal auszunutzen. 

So viel zum offiziellen und notwendigen Teil, nun zur Kür und den angenehmen Dingen des Abends.

Herr Reidt, wenn man als Politiker aus Weilerswist stammt und dort fast 20 Jahre im Rat gesessen hat, dann brauche ich heute Abend nicht nur Herrn Engels anzugucken um jemanden zu finden der weiß, dass es für mich sicherlich nicht einfach war, in eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der CDU einzutreten.

Mit Ihnen auf der anderen Seite des Tisches aber einen wirklichen Partner in und für diese Zusammenarbeit vorzufinden, hat nicht nur mir diese Umstellung sehr vereinfacht.

Sie wissen, dass ich mehrfach bei Ihnen dafür geworben habe, noch das ein oder andere Jahr als Fraktionsvorsitzender dranzuhängen aber jeden Wunsch der SPD wollten dann selbst wohl Sie leider nicht mitgehen.

Herr Reidt, von mir und besonders im Namen meiner gesamten Fraktion vielen Dank für die jahrelange sehr gute Zusammenarbeit und hoffentlich noch viele weitere Jahre hier gemeinsam im Kreistag.