Gerät der Kreis nun doch noch ins Haushaltssicherungskonzept (HSK)? Wird der Kölner Regierungspräsident Hans Peter Lindlar ihn dazu zwingen? Die Bürgermeister der elf Städte und Gemeinden haben sich nun in ihrer finanziellen Not an Hans Peter Lindlar gewandt: Der Regierungspräsident möge überprüfen, ob der Kreis in ein HSK ziehen sollte. Der Zeitpunkt ist durchaus gut gewählt: Derzeit werden die Haushalte – und damit auch der des Kreises – unter die Lupe genommen. Der Kreistag hatte ein HSK mit großer Mehrheit abgelehnt, doch ob dieses Gremium noch angesichts der finanziell miserablen Lage der Städte und Gemeinden alleine darüber entscheiden sollte, stellen die Bürgermeister in ihrem Brief in Frage. "Wir wollen keinen Krawall anzetteln", erklärte gestern Bürgermeister-Sprecher Alexander Büttner zu dem Brief, der der "Rundschau" vorliegt. Das Bad Münstereifeler Stadtoberhaupt wähnt aber auch einen "Webfehler" im System: "Warum müssen kreisfreie Städte wie Köln in ein HSK gehen, Kreise aber nicht? Gerade Kreise, die sich ja mit dem Geld ihrer Städte und Gemeinden finanzieren, müssten doch zuerst in ein HSK", so Büttner. Dies wäre ein Akt der Solidarität mit den Kommunen. Dass denen finanziell immer mehr die Puste ausgeht, machen die Verwaltungschefs der Kommunen deutlich: Insgesamt machten alle elf Kommunen in diesem Jahr zusammen 72 Millionen Euro Miese, um ihre Aufgaben zu erfüllen. Inzwischen hätten sie 397 Millionen Schulden angehäuft. Einen großen Batzen dieser Ausgaben machten die Überweisungen an den Kreis aus, heißt es in dem Schreiben an Lindlar: 113 Millionen Euro insgesamt müssten die elf Städte und Gemeinden allein in diesem Jahr an Kreisumlage bezahlen. Die Folge: Bis auf Nettersheim könne keine Kommune einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Während immer mehr in die Haushaltssicherung – und damit in die eingeschränkte Selbstverwaltung – geschlittert seien, mangele es beim Kreis an Sparwillen. Stattdessen "schröpft der Kreis in seiner Eigenschaft als Umlageverband die örtliche Finanzkraft". Daher sei der Zeitpunkt gekommen, "ab der sich der Kreis Euskirchen – nicht nur aus Solidarität – einem pflichtigen Haushaltssicherungskonzept zu unterwerfen hat." In der großen Koalition im Kreistag herrscht Unverständnis über das Schreiben der Bürgermeister. "Über Stilfragen lässt sich streiten", sagt CDU-Fraktionschef Josef Reidt. Vielmehr seien Land und Bund die Adressaten, wenn es um die finanzielle Verbesserung der Kommunen gehe. Diese belasteten den Kreis immer mehr mit Ausgaben für Soziales, Pflege, Jugend- und Altenbetreuung. Den Vorwurf der fehlenden Sparwilligkeit weist er zurück: CDU und SPD hätten beschlossen, in den kommenden Jahren je 250 000 Euro an Personalkosten zu kappen, und der Kreis werde zudem ermitteln, wo Standards gesenkt werden könnten. "Wir wollen aber nicht alles aufgeben", sagt Reidt, "sondern Aufgaben übernehmen, die die Städte und Gemeinden nicht mehr übernehmen können." Von finanzträchtigen Projekten wie die Entwicklung in Vogelsang oder die der großen Industriefläche zwischen Euskirchen und Weilerswist, der Prime Site Rhine Region, profitierten schließlich Städte und Gemeinden. SPD-Fraktionschef Uwe Schmitz war gestern nur kurz zu einem Kommentar zum Brief an Lindlar zu erreichen. Sein Urteil lässt aber keine Klarheit vermissen: "Die Bürgermeister haben bewiesen, dass sie nicht mehr ernst genommen werden können." Rundschau, 19.06.2010