26-jähriger Blankenheimer ist neuer SPD-Kreischef – Uwe Schmitz gerührtKREIS EUSKIRCHEN. Die SPD vor Ort hat es vergleichsweise noch gut. Zwar löst das Bundestagsergebnis auch bei den Genossen im Kreis Euskirchen keine Jubelgesänge aus, aber immerhin ist ihre Kandidatin im künftigen Bundestag. Und so wurde der knappe Einzug über die Reserveliste von Helga Kühn-Mengel am Samstag während des Kreisparteitags in Weilerswist auch gefeiert. "Wenn einer Glück verdient hat, dann du", rief ihr Markus Ramers zu. "Endlich haben die Bürger im Kreis wieder eine Ansprechpartnerin in Berlin", freute sich auch Uwe Schmitz: "Bei den beiden Gestalten, die wir bisher dort hatten, hatte man den Eindruck, dass die sehr wenig über den Kreis wissen." Kurz nach diesem Seitenhieb gegen Detlef Seif (CDU) und Gabriele Molitor (FDP) erklärte Schmitz, der seit Anfang des Monats Beigeordneter der Gemeinde Kall ist, wie angekündigt seinen Rücktritt als SPD-Kreischef nach 13 Jahren, um einem Jüngeren Platz zu machen: dem 26-jährigen Markus Ramers aus Blankenheim. Mit 49 Ja- und vier Neinstimmen wurde der Kreistagsabgeordnete zum neuen Chef des 864 Mitglieder starken SPD-Unterbezirks.Zuvor hatte der ehemalige Kreis-Juso-Vorsitzende mit einer nicht laut, jedoch engagiert vorgetragenen und inhaltlich geschickt vorbereiteten Rede den Weg für dieses Ergebnis bereitet. Er erinnerte nicht nur an Otto Wels, der sich 1933 im Reichstag unter Lebensgefahr dem Ermächtigungsgesetz der Nationalsozialisten entgegenstellte, sondern auch an Eduard Göring aus Euskirchen, der von den Nazis verfolgt worden sei und nach dem Krieg hier die SPD aufgebaut habe. Die Namen August Bebel, Herbert Wehner, Willy Brandt und Helmut Schmidt nannte Ramers in einem Atemzug mit denen von SPD-Größen im Kreis Euskirchen wie Herbert Ritzeler, Winfried Hergarten, Hans Schmitz oder Uwe Schmitz – und traf so ohne Umwege die Herzen der Genossen. "Es wird Raum zum Mitmachen geben – für 864 Genossinnen und Genossen im Kreis, solche die es noch werden wollen und für alle, die interessiert an unserer Arbeit sind", versprach Ramers und forderte die Parteifreunde auf: "Raus zu Vereinen, zu Verbänden, zu Institutionen!"Dass Uwe Schmitz diesen Weg bereits erfolgreich eingeschlagen habe, wurde in den Abschiedsreden für den Kaller gelobt. Seine Strategie sei richtig gewesen. Es sei vor allem Schmitz' Verdienst, so Kreisparteivize Thilo Waasem, "dass die SPD nicht als Splittergruppe in einem schwarzen Kreis" wahrgenommen werde.Markus Ramers sagte über Schmitz, der die SPD 2009 im Kreistag in eine Listengemeinschaft mit der CDU geführt hatte: "Er hat die Kreispartei in den letzten Jahren wie kein anderer geprägt. Er hat dafür gesorgt, dass die SPD im Kreis Politik mitgestalten kann." Schmitz selbst war gerührt: "Ich habe heute etwas nah am Wasser gebaut", erklärte er das ein oder andere Tränchen. Er bedankte sich bei seinen Freunden, bat um Verzeihung für "Wunden, die geschlagen wurden und die einem nachher leidtun" und erklärte, mit "Dankbarkeit auf diese Zeit als Vorsitzender zurückzublicken".Es könnte also alles so schön sein für die SPD im Kreis Euskirchen, wenn da nicht das Bundestagswahlergebnis und die daraus resultierende Frage wäre: Koalition mit der CDU – ja oder nein? Der Weilerswister Bürgermeister Peter Schlösser verschwieg nicht, dass er am Wahlabend der CDU die absolute Mehrheit gewünscht habe: "Dann wären wenigstens die Verantwortlichkeiten klar." Wenn es zur Großen Koalition kommen sollte, müssten die Kernpunkte der SPD darin zum Vorschein kommen, forderte Schlösser. Führt denn überhaupt ein Weg an einem Bündnis mit der CDU vorbei? Sowohl Schlösser als auch Helga Kühn-Mengel warnten davor, dass Neuwahlen die FDP wieder und die AfD erstmals in den Bundestag bringen könnten. "Ich finde es richtig, dass eine Mitgliederbefragung stattfinden soll", erklärte die Bundestagsabgeordnete.Auf diese werde sich auch die Kreispartei in Form von Diskussionen vorbereiten, versprach deren frisch gewählter Vorsitzender. Die SPD, so Ramers, dürfe sich "nicht zum Mehrheitsbeschaffer von Frau Merkel degradieren lassen." Er begrüße eine Mitgliederbefragung: "Wir sind es, die die Politik unserer Partei vor Ort verkaufen müssen. Deshalb sollten wir auch selbstbewusst gegenüber der Parteispitze auftreten." Sowas nennt man in der SPD Klartext.