Treten für die Teilhabe von Menschen mit Behinderung ein, v.l.n.r.: Uwe Schmitz, Josef Mertens, Rudolf Dick, Norbert Killewald, Wilhelm Schomaker (Bild: Fraktionsbüro) Der Beauftragte für die Belange der Menschen mit Behinderung in NRW zu Besuch im Hermann-Josef-Haus in Urft "Bis zu Beginn der Inklusionsdebatte sollten wir in mancher Hinsicht so etwas wie eine 'Entsorgungseinrichtung' sein. Auch heute ist es noch so, dass die Kinder und Jugendlichen, die zu uns kommen außerhalb der Gesellschaft stehen. Diese wollen wir so gut wie möglich fördern, damit sie rasch einen Platz in dieser Gesellschaft finden und ihren Rechtsanspruch auf Teilhabe auch leben können." So beschrieb Wilhelm Schomaker (Direktor des Herman-Josef-Hauses in Urft) in einem Gespräch, zu dem Uwe Schmitz (Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion) eingeladen hatte, das Ziel seiner Einrichtung. An der Diskussion beteiligten sich der Beauftragte der Landesregierung für die Belange der Menschen mit Behinderung in Nordrhein-Westfalen, Norbert Killewald, sowie Rudolf Dick und Josef Mertens, die sich als Vermittler vor Ort um Ausbildungs- und Arbeitsstellen bei regionalen Unternehmen kümmern.Als Ausgangspunkt für seine Gesprächsinitiative nannte Schmitz die Wichtigkeit der Rückkopplung zwischen Politik, Verwaltung und allen gesellschaftlichen Einrichtungen im Kreis Euskirchen. Mit einem Lob stellte Schomaker für den Kreis Euskirchen "ein ernstes Nachfragen der Politik nach einem Perspektivwechsel" fest.Vor ca. zwölf Jahren hatte Schomaker das Herman-Josef-Haus als Direktor übernommen. Die anfängliche Frage, wie man das als "klassisch exklusiv" zu beschreibende Stammgelände auflösen könnte, ist im Laufe eines Perspektivwechsels der Frage gewichen "Wie kann ich die Einrichtung gestalten, dass sie als 'gute' Einrichtung erlebt wird?", berichtete Schomaker. Basis des Perspektivwechsels sei dabei die Erkenntnis gewesen, dass seelische Behinderungen im Gegensatz zu körperlichen und mental-geistigen auf den ersten Blick nicht sichtbar und hörbar seien. Entsprechend lautete der Appell des Leiters an die Gesellschaft, "den Perspektivwechsel wagen, seelische Verletzungen sehen und verstehen lernen und Verständnis für die Situation der Kinder und Jugendlichen haben". Erst so sei eine barrierefreie Teilhabe für Menschen mit seelischer und überhaupt mit Behinderung möglich, stimmte der Behindertenbeauftragte zu.Die Sechs- bis Sechzehnjährigen, die nach Urft kommen, stünden unter hoher Anspannung, weshalb der Lebensalltag oft Schwierigkeiten mache. Kontrollverlust äußere sich dann häufig in Gewalt oder Panik. Der individuelle Ansatz, der bei der Arbeit mit seelisch Behinderten, eine intensive Betreuung erfordert, ist sehr kostspielig. So betreuen über 180 Mitarbeiter die über 230 Kinder, Jugendlichen und Familien – voll- oder teilstationär. Ein wichtiger Baustein in der Resozialisierung seiner Schützlinge sind laut Schomaker die Arbeitsprojekte. Praktische statt theoretische Arbeit steht dabei im Vordergrund: „Durch die wertschätzenden und gelingenden Erfahrungen hat sich bei allen Jugendlichen eine Stabilisierung in der Gesamtentwicklung gezeigt. Oftmals erleben sie sich hier zum ersten Mal als erfolgreich.“ Probleme ergeben sich jedoch bei der Vermittlung der Jugendlichen. Rund 20 von Ihnen konnten zwar in den letzten zwei Jahren in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden, doch müssten sich noch mehr Betriebe zu Beschäftigungsverhältnissen bereiterklären. Norbert Killewald kündigte an, dass ab Januar 2013 weitere 1000 Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung vom Land bezuschusst würden. Nicht berücksichtigt werde dabei aber die Betreuung. Und dies stellt ein zweites gewichtiges Problem dar. Denn beim Erreichen der Volljährigkeit geht der Betreuungsanspruch verloren. "Erst gewährt man teure Jugendhilfemaßnahmen, dann enden diese und die jungen Erwachsenen sind auf sich alleingestellt", kritisierte Schmitz. Die Betreuung sei aber weiterhin notwendig für den Mensch an sich, als auch für den möglichen Arbeitgeber bzw. Beschäftigungsbetrieb. Mit einem Behindertenausweis den Status "Behinderter" und somit einen Betreuungsanspruch zu erhalten, komme für viele der Jugendlichen nicht in Frage. "Niemand will behindert sein," brachte es Schomaker auf eine einfache Formel. Widerstand und Ablehnung seien eine typische Reaktion auf solch eine Anfrage. Killewald riet an, sich zu informieren, ob nicht ein fachärztliches Gutachten als Ersatz für den Behindertenausweis zur Beanspruchung von Betreuung ausreichen würde.