Von Thomas Schmitz, KStA Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht neue Details über den Bundespräsidenten Christian Wulff publik gemacht werden. Bei den Politikern aus dem Kreis Euskirchen ruft die Affäre gemischte Reaktionen hervor.Kreis Euskirchen – Kostenlose Urlaube bei befreundeten Geschäftsleuten, ein Darlehen mit extrem günstigen Zinssätzen bei einer Bank, Drohanrufe bei Journalisten: Bundespräsident Christian Wulff steht derzeit im Kreuzfeuer der Kritik. Wir wollten von einigen gewählten Volksvertretern aus dem Kreis Euskirchen wissen, was sie von der „Affäre Wulff“ halten.Detlef Seif, CDU-Bundestagsabgeordneter aus Weilerswist, hält Christian Wulff nach wie vor für einen sehr guten Bundespräsidenten. „Auch heute habe ich kein Problem mit seiner Amtsführung und würde ihn wiederwählen“, sagt Seif am Donnerstag über seinen Parteifreund. Allerdings nur unter der Prämisse, dass Wulff jetzt seine Geschäfte wieder mit 100-prozentiger Energie wahrnehmen könne. Sollte das nicht der Fall sein, könne er das Amt des Bundespräsidenten nicht mehr ausüben.Insgesamt habe sich Wulff gleich mehrmals recht unglücklich verhalten. So seien die von Unternehmern finanzierten Reisen oder die günstigen Zinsen bei einer Bank kaum zu vermitteln, „das hat ein Geschmäckle“. Auch den Versuch der Einschüchterung von Journalisten heißt Seif nicht gut. Allerdings sieht er auch eine Mitschuld bei der Bild: „Die hat diesen Anruf ganz klar umsatzorientiert und strategisch zurückgehalten.“ Im TV-Interview in ARD und ZDF am Mittwochabend fand Seif seinen Parteifreund „zu wenig staatsmännisch, er hat zu sehr gemenschelt und auf Mitleid gesetzt.“ Die FDP-Bundestagsabgeordnete Gabriele Molitor aus Erftstadt wurde durch das Interview mit Wulff in dem bestätigt, was sie erwartet hat. „Er hat eingesehen, dass er Fehler gemacht hat und sich entschuldigt. Jetzt ist es Zeit, an die Sacharbeit zurückzugehen.“ Es sei nicht akzeptabel, Journalisten die Berichterstattung zu untersagen.„Ich habe noch kein Ticket nach Berlin zur Bundesversammlung gelöst, um einen neuen Bundespräsidenten zu wählen“, sagte der CDU-Landtagsabgeordnete Klaus Voussem aus Euskirchen. Sollte Wulff tatsächlich die Brocken hinwerfen, dann würde es für die CDU aufgrund der Verhältnisse in den Landtagen schwer, einen Kandidaten durchzuboxen.Dünne NachrichtenlageVoussem hat nicht darauf gesetzt, dass Wulff im Interview der Befreiungsschlag gelingt. „Er hat noch einen langen Weg vor sich, denn die Rückgewinnung von Vertrauen dauert lange.“ In der Kreditgeschichte fragt sich Voussem, warum Wulff nicht „zur Hausbank um die Ecke“ gegangen ist. Allerdings hat der Landtagsabgeordnete auch das Gefühl, dass die Empörung bei den Medien größer sei als in der Bevölkerung, was auch an der dünnen Nachrichtenlage in den Weihnachtsferien liege.„Christian Wulff hat sich selbst in diese schwierige Situation manöviert“, ist die Meinung von SPD-Kreistagsfraktionschef Uwe Schmitz. Das liege auch daran, dass Wulff nicht von Anfang an mit offenen Karten gespielt habe. „Wenn er einen privaten Kredit erhalten hat, dann hätte er das von Anfang an so darstellen sollen, anstatt zu mauern.“ Der Maulkorb für die Presse sei der endgültige K.o.-Schlag gewesen. „Der Druck auf ihn wird so stark werden, dass er zurücktreten wird, er ist nicht mehr haltbar“, findet der Kaller Politiker. Im Vergleich dazu sei der Druck auf Wulffs Vorgänger Horst Köhler nichts gewesen.Hans Reiff, Kreistagsfraktionschef der FDP, ist der Meinung, dass der Kredit des Bundespräsidenten eine Privatangelegenheit sei. Dass Wulff aber „jemanden von der Presse anruft und auf den Anrufbeantworter spricht, da fehlen mir die Worte, das macht man nicht.“ Wulff seien die Sicherungen durchgebrannt, aber das dürfe in seinem Amt nicht passieren.Wie Voussem fragt sich aber auch Reiff: Ist der Druck auf den Präsidenten nur deshalb so groß, weil es derzeit kein anderes Thema gibt? Insgesamt ist er ratlos, wie man aus dem Dilemma herauskommt. „Wir können doch nicht alle 14 Tage einen neuen Bundespräsidenten wählen!“