CDU-Kritik fein aufgesplittet SPD-PARTEITAG Uwe Schmitz wiedergewählt – Attacke gegen Unionschef Detlef Seif VON MARKUS BÖS Kreis Euskirchen. Rund 100 Delegierte kamen am Samstag zum Kreisparteitag der SPD in das Vereinshaus Dahlem. Mit 78 Ja-und 16 Nein-Stimmen bei sechs Enthaltungen wurde Parteichef Uwe Schmitz im Amt bestätigt. Die Posten des ersten und des zweiten stellvertretenden Vorsitzenden gingen an den 28-jährigen Thilo Waasem aus Bad Münstereifel sowie an Thea Rabe vom Ortsverein Stotzheim. Um die Finanzen kümmert sich Michael Höllmann (Ortsverein Euskirchen). Zum Schriftführer bestimmten die Delegierten Wolfgang Heller, der die SPD-Fraktion im Schleidener Stadtrat führt und Vorsitzender des Ortsvereins Scheiden ist. Ata Seker, ebenfalls aus Schleiden, ist Integrationsbeauftragter. Zum Mitglieder- und Bildungsbeauftragten wählten die Genossen den Kreis-Jusochef Markus Ramers aus Blankenheim. Groschek zu Gast Der Generalsekretär der NRW-SPD, Michael Groschek, gratulierte Schmitz zur erneuten Wahl als Kreisparteichef. "Ich freue mich über das Vertrauen, das mir die Genossen entgegenbringen. Mit dem Wahlergebnis bin ich sehr zufrieden, weil es ein ehrliches Ergebnis ist. Ich habe eben Ecken und Kanten", kommentierte Schmitz seine Wiederwahl und die Gegenstimmen. In seiner Parteitagsrede hielt er Rückblick auf die Europa-, Bundestags-, Landtags- und Kommunalwahlen und thematisierte auch die Listenverbindung mit der CDU auf Kreisebene. Dabei differenzierte Schmitz deutlich zwischen der Fraktion und der Partei. Während er die Zusammenarbeit mit der CDU-Fraktion trotz Meinungsverschiedenheiten in bestimmten Fragen als "kollegial, sachlich und fair" bezeichnete, übte er an der Partei, insbesondere am Kreisvorsitzenden Detlef Seif, harsche Kritik. Es sei für viele Genossen nicht einfach gewesen, die Listenverbindung mit der CDU zu akzeptieren. Dennoch sei dies der richtige Schritt gewesen. Eine Listengemeinschaft mit anderen Parteien, insbesondere mit FDP und UVW, hätte wegen der politischen Differenzen nicht lange Bestand gehabt, so Schmitz. Die Koalition mit der CDU sei auf fünf Jahre angelegt, und bisher habe man in strittigen Fragen noch immer einen Konsens finden können. Zum Vorsitzenden der Kreis-CDU, Detlef Seif, bemerkte Schmitz, dass dieser zwar Mitglied des Deutschen Bundestages sei, aber "offensichtlich keine Ahnung davon hat, wo die Probleme im Kreis Euskirchen liegen". Mehrfach habe Seif sich in den vergangenen Monaten inhaltlich und sachlich falsch zu kommunalpolitischen Themen geäußert. So habe Seif ihn dazu aufgefordert, sich im Kreistag für die Aufstellung eines kreisweiten Schulentwicklungsplanes einzusetzen. "Da kann man sich nur noch an den Kopf fassen, denn im Kreis sind die Türen weit aufgemacht, um einen kreisweiten Schulentwicklungsplan aufzustellen", konstatierte Schmitz. Es seien jedoch die Bürgermeister, mehrheitlich mit CDU-Parteibuch, die dies nicht wollten. Schmitz unterstellte Seif mangelnden Einfluss in seiner Partei. Ein solcher Vorsitzender werde auf Dauer zu einer Belastung. "Ich will deutlich machen: So gut wie die Zusammenarbeit mit der CDU-Kreistagsfraktion ist, so sehr bleibt der CDU-Kreisverband unser politischer Gegner", resümierte Schmitz. Bürgermeister-Schelte Auch ging er in seiner Rede mit den Bürgermeistern der Städte und Gemeinden in puncto Kreishaushalt hart ins Gericht. Kein Haushalt werde so verabschiedet, wie er in die Beratungen eingebracht werde: "Das Geschrei der Bürgermeister im Vorfeld kann man da nur noch als übliche jährliche Panikmache und als Wetteifern um falsche Sachdarstellungen abtun." Die Bürgermeister übten einerseits Kritik an der Kreisumlage und hielten anderseits die Hand auf, wenn es um Zuschüsse für Kindergärten oder den Straßenbau gehe, ärgerte sich Schmitz. Zudem entfernten sich die Bürgermeister von der einst geforderten interkommunalen Zusammenarbeit: Gemeinsame Abfallwirtschaft, Datenverarbeitung, Tourismusvermarktung oder ein gemeinschaftliches Beschaffungswesen scheitere am Widerstand der Bürgermeister. Schmitz zählte auch erste Erfolge der SPD-Politik auf. Das im Wahlkampf gegebene Versprechen, das letzte Kindergartenjahr für einen Teil der Eltern beitragsfrei zu stellen, habe man gehalten. Für 54 Prozent der Kinder im letzten Kindergartenjahr müsse kein Beitrag mehr gezahlt werden. Auch könne die SPD die Bemühungen um die Reaktivierung der Bördebahn, die vorgesehene Einführung der Familienkarte "Eifel-Pass", die Weiterentwicklung von Angebotsstrukturen für benachteiligte Jugendliche und die Einführung eines Frühwarnsystems für den Kinderschutz als Erfolge verbuchen. "Als Sozialdemokraten wollen wir eine soziale Balance in der Gesellschaft halten und gerade im Sozialbereich präventiv wirken", so Schmitz. Hier seien Einsparungen oder Kürzungen mit der SPD nicht zu machen. Für seine mitunter kämpferische Rede erntete Schmitz viel Beifall von den Delegierten. Horst Belter aus Euskirchen forderte später, den Kreisparteitag künftig auf eine breitere Basis zu stellen und ihn nicht nur für Delegierte, sondern für alle Parteimitglieder zu öffnen. Uwe Schmitz erteilte diesem Vorschlag eine deutliche Absage. Ein Versuch der CDU habe gezeigt, dass offene Mitgliederversammlungen anstelle von Delegiertenversammlungen nicht praktikabel seien. Stadtanzeiger, 24.01.2011 KOMMENTAR Zum Parteitag der Kreis-SPD Zwischen Baum und Borke REDAKTION.EUSKIRCHEN@KSTA.DE Es war ein Kreisparteitag, der wenig Überraschendes brachte. Uwe Schmitz ist eindeutig die Galionsfigur der SPD im Kreis Euskirchen – allerdings nicht ganz unumstritten. Immerhin 16 Delegierte verweigerten ihm die Gefolgschaft, sechs enthielten sich ihrer Stimme – für Schmitz noch kein Beinbruch. Dass er in seiner Kritik an der CDU fein zwischen der Kreistagsfraktion und der Kreispartei unterschied, ist kaum verwunderlich. Schließlich hat die SPD durch die Listengemeinschaft mit der CDU erheblichen politischen Einfluss gewonnen. Solange die Koalitionäre so "kollegial" zusammenarbeiten, müssten die Genossen mit dem Klammerbeutel gepudert sein, wenn sie es auf einen Streit ankommen ließen. Andererseits ist es klar, dass sie in der Kreis-CDU weiter den politischen Gegner sehen müssen. Die SPD steckt zwischen Baum und Borke. Beim Dauerstreitthema "Kreisumlage" übte Schmitz harsche Kritik an den Bürgermeistern. Ganz so wie Landrat Günter Rosenke kritisierte auch Schmitz das Verhalten derer, die zwar gerne die Hand aufhielten, zugleich jedoch fleißig gegen die Kreisumlage und den erst seit voriger Woche diskutierten Haushaltsentwurf des Kreises wetterten. Obwohl Schmitz es nicht geschafft hat, Landrat zu werden – bei diesem Thema eifert er Rosenke, dem Ex-CDU-Mann, schon gut nach. Wahr ist, dass die SPD um den Vorsitzenden Uwe Schmitz derzeit vor allem von der Schwäche der CDU im Kreis profitiert. Bis zu den nächsten regulären Wahlen vergehen noch Jahre. Es bleibt abzuwarten, inwieweit es der SPD in dieser Zeit gelingt, sich als entscheidende gestalterische Kraft im Kreis zu präsentieren. Stadtanzeiger, 24.01.2011   So viel SPD war noch nie Doch wie stark sind die Genossen wirklich? – Kreisparteitag MICHAEL SCHWARZ DAHLEM. 78 Prozent. Was ist das für ein Ergebnis? "Ein ehrliches", sagte Uwe Schmitz, nachdem er am Samstagmittag im Dahlemer Vereinshaus bar jeder Gegenkandidatur für weitere zwei Jahre zum SPD-Kreischef gewählt worden war. 16 der 100 Stimmberechtigten votierten gegen ihn. Eine wohl realistische Einschätzung, denn der 45-Jährige ist keiner, der der Parteiseele permanent Streicheleinheiten verpasst und der schon mal "vergisst", die Basis bei weitreichenden Schritten mitzunehmen. Andererseits ist der Stellenwert der SPD im Kreis Euskirchen unter seiner Ägide in ungeahnte Höhen gewachsen: Mit Hans Schmitz stellt sie erstmals den ersten Vertreter des Landrats, mit Uwe Schmitz einen Stiftungsvorsitzenden bei der Kreissparkasse und in vielen Rathäusern ist der Einfluss der Genossen in unterschiedlichen Koalitionen gewachsen. Angriffe auf CDU-Chef und Bürgermeister Nicht zu vergessen Schmitz' größter Coup: Durch die Große Koalition mit der CDU sitzen die Sozialdemokraten erstmals in der Geschichte des Kreises dauerhaft an den Schalthebeln der Macht – und das auf Basis eines Listenpapiers, das deutliche Spuren sozialdemokratischer Tinte aufweist. So viel SPD war nie. Alles prima also? Nicht ganz, wie der Redebeitrag des Euskirchener Genossen Horst Belter zeigte. "Wir haben von der Schwäche der CDU profitiert", relativierte er – mit Blick auf den Selbstzerstörungsdrang der CDU im Jahr 2009 – Schmitz' Bewertung vom drastisch gesunkenen Rückstand auf die Christdemokraten bei den jüngsten Wahlen. Und was bedeutet die Nähe zur CDU fürs eigene Profil? Die Zusammenarbeit in der Koalition sei "kollegial und fair", erklärte Schmitz, um dann aber auch klarzustellen: "Der CDU-Kreisverband ist und bleibt unser politischer Gegner." Dessen Vorsitzenden, Bundestagsmitglied Detlef Seif, sprach er jegliche Ahnung davon ab, "wo die Probleme im Kreis Euskirchen liegen". Seif sei eine "dauerhafte Belastung für die CDU". Gerne tritt Schmitz auch durch die Tür, die die CDU mit ihrem Knatsch über die Kreisumlage zwischen Kreistagsfraktion und den "schwarzen" Rathaus-Chefs weit öffnet: "Das Geschrei der Bürgermeister im Vorfeld kann man nur noch als übliche jährliche Panikmache und das Wetteifern um falsche Sachdarstellung abtun." Ähnlich – vielleicht nicht ganz so deutlich – hätte das auch ein CDU-Kreistagsmitglied sagen können. Und dass die SPD-Ratsmitglieder in den Kommunen auch nicht in Jubelarien ausbrechen, wenn sie dem Kreis so viel Geld überweisen müssen, machte Horst Belter deutlich: "Ihr könnt leicht die Beitragsfreiheit im Kindergartenbereich einführen, ihr müsst es ja nicht bezahlen." Auch das hätte ein CDU-Bürgermeister sofort unterschrieben. Doch Belter blieb der Einzige, der sich derart kritisch äußerte. Zur Harmonie trug vor allem Landespartei-Generalsekretär Michael Groschek bei, der die Genossen aufrief, etwas freudiger durch die Welt zu spazieren. Uwe Schmitz – oder "uns Uwe", wie Groschek ihn nannte, musste er nicht lange bitten. Zumal der "General" versprach, sich für eine bessere Positionierung der ländlichen SPD-Landtagskandidaten auf den Reservelisten stark zu machen: "Da habt ihr mich auf eurer Seite." Uwe Schmitz, der 2010 mit dem aussichtslosen Platz 70 bei der Landtagswahl vorlieb nehmen musste, hörte das gerne. "PRÜGELNDE MÄNNER ZUR KASSE BITTEN" Die SPD im Kreis setzt sich für die Trägerschaft der Kommunen bei Stromnetz, Gasnetz, Wasser, Abwasser und Abfallentsorgung ein. Alle Anträge – zumeist von den Jusos gestellt – wurden einstimmig angenommen. So setzt sich die Kreis-SPD fürs "klassenlose Bahnfahren" in Regionalzügen ein: Abschaffen der 1. Klasse, um dem Platzmangel zu Stoßzeiten entgegenzuwirken. Die Präventivleistungen für Kinder und Jugendliche sollen nicht dem Sparzwang zum Opfer fallen – vorbeugen sei besser als reparieren. Die Landespartei soll sich gegen Kürzungen bei Frauenhäusern einsetzen. Franz Sprechtem (Stotzheim) erhielt Beifall für den Vorschlag, "prügelnde Männer zur Kasse zu bitten". Die befristete Beschäftigung soll eingedämmt, die parteiinterne Demokratie gefördert und die Landtagsfraktion für eine gerechte Finanzverteilung – für den ländlichen Raum – sensibilisiert werden. (sch)Rundschau, 24.01.2011 KOMMENTAR Respekt von MICHAEL SCHWARZ zur SPD im Kreis Ein politischer Fuchs ist er schon, der Uwe Schmitz. Rasend schnell peilte er die Verhältnisse nach der Kommunalwahl 2009 und brachte die SPD in eine Position, die sie noch nie in der Geschichte des Kreises Euskirchen innehatte. Er erkannte sofort, dass CDU und FDP alte Traumata längst nicht abgearbeitet hatten und sprang als Koalitionspartner in die Bresche – und das mit einem Vertrag, in dem die SPD personell und inhaltlich deutlich zu erkennen ist. Dass er angesichts dieser Erfolge nur 78 Prozent Zustimmung erhielt, zeigt jedoch auch deutlich das Bauchgrimmen der Basis. Das ist ein gutes Ergebnis, aber kein überragendes. Die Basis weiß: Was Schmitz mit seiner Strategie – wozu neuerdings auch gehört, dass er die SPD merklich von den Grünen abgrenzt – letztlich erreicht, ist längst noch nicht ausgemacht. Wie stark sind die Sozialdemokraten, wenn sie sich mal nicht mehr auf die "gütige Mithilfe" einer zuweilen chaotisch agierenden CDU verlassen können? Keine Frage: Schmitz sitzt fest im Sattel. Doch ein "Liebling" der Genossen ist er nicht – mehr Schröder als Rau. Und Respekt ist in der Politik noch fragiler als Sympathie.Rundschau, 24.01.2011 INTERVIEW Bin ein Vorsitzender mit Ecken und Kanten Uwe Schmitz ist Vorsitzender des SPD-Unterbezirks Kreis Euskirchen und der SPD-Fraktion im Kreistag. Nach seiner Wiederwahl sprach Michael Schwarz mit ihm. Herzlichen Glückwunsch zur Wiederwahl. 78 Prozent – was ist das für ein Ergebnis? Für mich ein gutes Ergebnis. Es gibt Parteitage, da gibt es 90 Prozent, vor allem kurz vor Wahlen. Das sind nicht immer ehrliche Ergebnisse. Ich bin halt ein Vorsitzender mit Ecken und Kanten, ich bin ein Alpha-Tier. Ich mach's nicht jedem Recht, trete den Leuten auch hin und wieder mal auf die Füße. Es wurden Forderungen laut, die Parteitage für alle Mitglieder zu öffnen – anstelle des bisherigen Delegiertenprinzips. Wir werden das in der Partei intensiv diskutieren. Ich persönlich bin ein Anhänger des Delegiertenprinzips. Die Mitglieder, die keine Delegierten sind, können sich einbringen, erhalten Rederecht, dürfen aber nicht mit abstimmen. Warum nicht? Die CDU hat das Mitgliederprinzip längst eingeführt. Da müssen Sie die aber mal fragen, ob sie das heute noch mal machen würden. Ich glaube eher nicht, weil dadurch häufig Zufallsergebnisse entstehen. Bislang musste sich Landrat Günter Rosenke in Sachen Kreisumlage alleine mit den Bürgermeistern "herumschlagen". Haushaltssache ist aber Kreistagssache. Warum lassen Sie den Landrat im Stich? Der Landrat muss das tun, was er für richtig hält. Ich habe mich in den letzten Wochen und Monaten immer zu diesem Thema geäußert – und zwar akzentuiert. Und das werde ich auch in Zukunft tun. Über den Haushalt werden wir jetzt erst mal diskutieren, die Zahlen sind ja erst seit Donnerstag bekannt. Wir werden unsere Sparbemühungen fortsetzen. In Düsseldorf wird immer lauter über die Neuwahl des Landtags diskutiert. Wenn es dazu kommen sollte, treten Sie wieder als Direktkandidat an? Das entscheidet die Partei. Wie lange müsste Sie die Partei denn bitten? Also, ich glaube, ich habe im vergangenen Jahr einen guten Wahlkampf gemacht. Die Partei wird den Kandidaten aufstellen, der kann Uwe Schmitz heißen. Ob ich meinen Hut in den Ring werfe, wird von den Umständen abhängen. Dem schau ich gelassen entgegen.Rundschau, 24.01.2011