Bundestagsbewerber diskutierten in Euskirchen lebhaft über die SozialpolitikKREIS EUSKIRCHEN. Floskeln wurden rasch entlarvt, langgezogene Reden im "Politiker-Sprech" im Keim erstickt – wer Stefan Raab im TV-Kanzler-Duell belebend fand, kennt Manfred Lang nicht. Als Moderator einer Podiumsdiskussion mit den Bundeskandidaten im Wahlkreis 93 unterbrach der Lückerather Journalist zuweilen auch die Politiker gnadenlos. Das mag unhöflich erscheinen, belebt aber die Debatte. "Familie und Beruf" war das Thema, das der Veranstalter, die Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände im Kreis, vorgab. Und weil in der Politik ziemlich alles mit allem zu tun hat, wurde auch über Pflege und Bildung geredet.Familie und BerufSchreibtisch und Wickeltisch, Werkbank und Schulaufgaben – Bernd Altgen, Vorstand der VR-Bank Nordeifel, hat sich das Thema auf die Fahne geschrieben. Und so stellte der Kopf des Netzwerks "Familie und Beruf" im Kreis auch klar, dass gerade der ländlich geprägte Kreis Euskirchen alles tun müsse, hierbei voranzukommen. Attraktive Firmen bräuchten attraktive Arbeitsplätze mehr denn je, denn die Landflucht junger Menschen, die ja ohnehin immer weniger würden, habe spürbar eingesetzt. Das sahen alle Politiker am Podium ähnlich. Da müssten alle – nicht nur der Staat – anpacken, erklärte Detlef Seif (CDU). Der Arbeitsverdichtung müsse Einhalt geboten werden, forderte Helga Kühn-Mengel (SPD), die sich wie Jörg Kutzer (Grüne), Thomas Winzberg (Piraten) und Florian Völlger (Die Linke) für den flächendeckenden Mindestlohn aussprach. Gutes Auskommen steigere schließlich die Zufriedenheit. Da wurde es auch Zeit, dass der "Pirat" den verbalen Säbel zückte: SPD und Grüne forderten den Mindestlohn erst, seitdem sie in der Opposition säßen, monierte Winzberg. Wenig überraschend, dass er auch flächendeckendes Breitband forderte, um Arbeitsplätze auf dem Land zu schaffen und zu sichern.PflegeDetlef Seif hatte das erste Wort zum Thema und fand ein klares: Dass die Pfleger mit der Stoppuhr in der Hand ihre Arbeit am Menschen vornehmen müssten, sei "menschenunwürdig". Da stimmten alle zu. Doch wie das ändern? Helga Kühn-Mengel sprach sich für eine moderate solidarische Anhebung der Pflegekassenbeiträge aus, um Ausbildung, Qualität und Entlohnung im Pflegebereich zu verbessern. Auch Jörg Kutzer sagte, es müsse mehr Geld ins System. Gabriele Molitor (FDP) erinnerte unterdessen daran, dass die Pflegeversicherung nur eine "Teilkasko-Versicherung" sein könne und warnte davor, den Bundeshaushalt zu schröpfen: "Das haben wir Jahrzehnte gemacht." Sie verwies auf den Schuldenberg. Dass Pfleger gut 50 Prozent ihrer Arbeitszeit für die Dokumentation ihres Tuns aufbringen müssten, sei übertrieben, befanden alle Bundestagsaspiranten, doch dem Ungetüm "Bürokratie" sei schwierig beizukommen – zumal die Aufzeichnungen zur Aufklärung von Fehlern oder gar Verbrechen nötig seien. Dass auch die "Piraten" sich um Pflege kümmern, obwohl die Betroffenen gemeinhin nicht der "Generation Smartphone" (Moderator Lang) angehören, versuchte auch Thomas Winzberg deutlich zu machen: "Pflegekräfte aus dem Ausland können nicht die Lösung sein."BildungDer Rechtsanspruch auf Kita-Plätze für unter Dreijährige sei ja gut, so Detlef Seif. Doch der Christdemokrat mahnte an, das dahinter stehende Familienbild nicht kritiklos zu betrachten: "Ich will keine Gesellschaft, in dem Kinder ihre Eltern nur noch vier Stunden am Wochenende sehen."Dass die Bildungschancen für Kinder von Eltern mit Hauptschulabschluss drastisch geringer seien als für den Nachwuchs von Akademikern, stößt Helga Kühn-Mengel bitter auf. Und wieder fiel der Satz: "Es muss mehr Geld ins System." Aber woher? Die reichsten fünf Prozent der Bürger sollten steuerlich mehr zur Kasse gebeten werden, forderte Kühn-Mengel, die noch mit einen weiteren Finanzierungstipp aufwartete: "Das Betreuungsgeld abschaffen!" Florian Völlger (Linke) hätte eine weitere Idee: Bundeswehr raus aus Afghanistan, das dadurch gesparte Geld in Pflege und Bildung stecken. Links:2013-09-13 KStA-Artikel "Podiumsdiskussion in Euskirchen – Einig gegen den Bürokratiewahn" Neben der Diskussion der Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände im Kreis Euskirchen fand auch eine Podiumsdiskussion zu landwirtschaftlichen Themen statt.2013-09-13 Kölnische Rundschau Artikel "Podiumsdiskussion vor Landwirten"