Streetworker Franco Clemens gab auf Einladung der SPD spannende Einblicke in städtische Sozialarbeit.

Immer mehr Menschen in unseren Großstädten und Kleinstädten geraten ins gesellschaftliche Abseits. Durch Krankheit, den Verlust der Arbeitsstelle, Verschuldung, Kriminalität oder Probleme innerhalb der Familie. Immer mehr Menschen fühlen sich verstoßen und nicht mehr gesellschaftlich akzeptiert. Nicht selten geraten sie dann auf die „schiefe Bahn“.

Eine wichtige Arbeit, solchen Entwicklungen vorzugreifen und den Betroffenen zu helfen, leisten in Deutschland tausende, sozialpädagogisch geschulte Streetworker, die in den sogenannten „Problemvierteln“ tätig werden. Auf Einladung der SPD im Kreis Euskirchen gab der Kölner Streetworker Franco Clemens (parteilos) Einblicke in seinen beruflichen Alltag in einer Lebenswelt, von der sich viele Menschen heutzutage abwenden. Dabei müsse man sich umso mehr um die Personengruppen, die sich an den Rand unserer Gesellschaft gedrängt fühlen, kümmern. „Die Betroffenen dort abzuholen, wo sie sind und auf sie zugehen ist gut, es reicht allerdings noch lange nicht. Man muss die Betroffenen begleiten auf ihren schwierigen Wegen, die oft in eine Behörde führen, in die sie geladen wurden. Hier ist es wichtig, den betroffenen Menschen beizustehen, aber auch, sie zum Beispiel zu motivieren, wirklich den Termin in der Behörde wahrzunehmen“ so Franco Clemens.

Schon im jugendlichen Alter seien zahlreichen Menschen von sozialem Abstieg bedroht. „Ich habe es schon oft erlebt, dass Jugendliche morgens nicht in die Schule wollten. Der Sohn lag im Bett, die Mutter hat schon lange nichts mehr gesagt, weil sie fürchtete, von ihrem eigenen Kind geschlagen zu werden. Kommt oft vor!“ schilderte Franco Clemens schnörkellos seine Erfahrung aus der täglichen Arbeit. In dem Fall habe er selbst dann bei dem Jugendlichen in der Zimmertür gestanden und mit dem richtigen Mix aus Respekt und Nachdruck diesen dazu bewegt, mit ihm gemeinsam den Weg in die Schule zu gehen.

Besonders das Internet führe zur Verrohung der Jugendlichen. Eine Zensur sei nicht möglich. Auch PC-Sperren der Eltern würden nichts bringen, wenn die Jugendlichen sich dann auf ihrem Smartphone Videos von Schlägereien von Mitschülern oder Videos von Hinrichtungsszenen islamistischer Terrormilizen anschauen würden.

Im wahrsten Sinne bedrohlich sei die Entwicklung, dass viele Jugendliche bereits ein Messer mit sich führten. „Da findet ein 14-jähriges Mädchen heraus, dass ein anderes 16-jähriges Mädchen, das sie nicht mag, ein großes Messer in der Handtasche mit sich führt. Als Reaktion steckt sich die 14-jährige dann ebenfalls ein Messer in die Tasche und am nächsten Tag hat die Freundin der 14-jährigen, 13 Jahre alt, dann auch ein Messer in der Tasche immer mit dabei.“ Dieser Entwicklung müsse ein Riegel vorgeschoben werden.

Auch müsse auf die Ängste der sozial-benachteiligten Menschen vor den hier lebenden Flüchtlingen eingegangen werden. „Für die hier lebenden sozial-benachteiligten Menschen sind die Flüchtlinge, die in den letzten Jahren zu uns gekommen sind, schlicht und einfach Armutskonkurrenz. Und wo Konkurrenz bestehe, entstehe oft Hass.“ Dies müsse vermieden werden, so Franco Clemens.

Streetworking sei, so Franco Clemens, Vertrauensarbeit. Wenn ein Streetworker heute in Köln, morgen in Essen und übermorgen in Recklinghausen eingesetzt werden würde, würde das nichts bringen. Ein guter Streetworker muss im Stadtteil vernetzt sein, muss die Ansprechpartner der Sozialverbände, der Polizei und der Stadtverwaltung kennen, er muss über die lokalen Zusammenhänge vor Ort Bescheid wissen um ein gute Arbeit zu machen.

Franco Clemens appellierte zum Ende seines Vortrages an die Politik, sich nicht nur um die Problemstellungen der sozial benachteiligten Menschen zu kümmern, sondern auch dafür Sorge zu tragen, dass die Ursachen für soziale Benachteiligung minimiert werden. In einer, dem Vortrag folgenden Diskussionsrunde unter Moderation von Rainer Bohnet, zeigten die Gäste des Vortrages erste Ideen auf. Die Kommunen müssten enger mit den Sozialverbänden und der Polizei zusammenarbeiten. Es sei nicht zielführend, Obdachlose durch das Ordnungsamt beobachten zu lassen, sondern man müsse die Probleme der Einzelnen besser in den Blick nehmen, etwa durch einen Ausbau der Sozialarbeit in den Kommunen.