Franz Müntefering sprach in Zülpich über soziale Gerechtigkeit und demografischen WandelZülpich. Einmal wird Franz Müntefering laut: Als es um die Frage geht, wie hoch ein Lohn sein muss, um sittenwidrig zu sein. Keine Arbeit sei 14 Millionen Euro im Jahr wert, betont der ehemalige Vizekanzler. Arrogant sei es, nur wegen des Intelligenzquotienten dermaßen hohe Gehälter zu zahlen. "Ich kenne Leute mit einem IQ von 140, das sind soziale Autisten", poltert Müntefering. Gegen diesen ungebremsten Finanzkapitalismus müsse die Demokratie vorgehen, fordert er: "Die Menschen erwarten, dass die Demokratie dieses Verhalten bekämpft."Der SPD-Bundestagsabgeordnete sprach am Donnerstag zu knapp 50 Zuhörern in der Zülpicher Begegnungsstätte Martinskirche. Müntefering gab unumwunden zu, dass es um den Wahlkampf ging. Er warb für die Bundestagskandidatin Helga Kühn-Mengel und bat um Erst- und Zweitstimme für die SPD.Für ihn ist die Schlacht noch nicht verloren. Die Chancen für eine schwarz-gelbe Regierung seien geringer geworden, so das SPD-Urgestein. Deshalb müsse man nun kämpfen. "Wenn man noch fünf Minuten zu spielen hat und zurückliegt, dann muss man das Tor eben noch machen", gab sich Müntefering angriffslustig.In seiner Ansprache behandelte der SPD-Bundestagsabgeordnete den demografischen Wandel und die Probleme, die er mit sich bringt. Dass weniger Kinder geboren würden, sei nicht auf den "blanken Hedonismus" der jungen Leute zurückzuführen. Vielmehr gebe es heute weniger Sicherheiten und Perspektiven. Darauf müsse man reagieren – zum Beispiel mit einem Mindestlohn und mehr Sicherheit im Beruf."Es gibt viele Menschen mit guter Bildung, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht hinbekommen", sagte Müntefering. In Deutschland werde man immer noch schief angeguckt, wenn man versuche, Karriere und Beruf zu verbinden und seine Kinder in eine Tagesstätte zu geben, um arbeiten gehen zu können. Das müsse sich ändern. Er forderte die Abschaffung des Betreuungsgeldes und sprach sich gegen Erhöhungen des Kindergeldes aus. Das Geld solle stattdessen in bessere Angebote zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf investiert werden.Zu viele Jugendliche blieben ohne Schulabschluss, so Müntefering. Er sprach sich für duale Ausbildungen aus und betonte: "Bei uns wird zu viel darüber nachgedacht, wie man Häuptling wird. Dabei brauchen wir viel mehr gute Indianer." Allerdings müssten viele Berufe mehr Wertschätzung erfahren, und die Löhne müssten steigen – die Antwort der SPD: ausgehandelte Mindestlöhne, an die alle Firmen gebunden sind.Müntefering forderte eine Solidarrente, die über der Grundsicherung für Arbeitslose liegt. Dabei erläuterte er, dass es Unsinn sei, die Überschüsse aus den Krankenkassen auszuzahlen. Vielmehr müssten Rücklagen gebildet werden, um beispielsweise die Rente zu sichern. Das solidarische Credo der SPD stellte der Ex-Vizekanzler zum Abschluss noch einmal vor: Die, die Arbeit haben und gesund sind, zahlen für die, die sich selber nicht helfen können.Zum Abschluss des Vormittages sprach der Vorsitzende der Jusos im Kreis, Emmanuel Kunz. Er stellte die Sicht der jungen Menschen auf die Probleme des demografischen Wandels vor. Links:2013-09-20 Artikel der Kölnischen Rundschau "„Münte“ streichelt die Seelen der Genossen" Hier finden Sie eine Bilderstrecke zum Besuch von MdB Franz Müntefering.2013-09-19 Franz Müntefering zu Besuch in Zülpich