LANDTAGSWAHL SPD und Grüne raten ihren Wählern zum Stimmen-Splitting VON F.A. HEINEN Kreis Euskirchen. Die Spekulationen der Polit-Auguren hatten ins Schwarze getroffen. Am Dienstagnachmittag verkündeten führende SPD- und Grünen-Politiker auf Kreisebene eine gemeinsame Wahlempfehlung für die Landtagswahl am kommenden Sonntag. Angela Kalnins von den Grünen ruft die grünen Wähler dazu auf, ihre Erststimme dem SPD-Kandidaten Uwe Schmitz zu geben. Der macht sich im Gegenzug dafür stark, dass die SPD-Wähler in Betracht ziehen sollten, ihre Zweitstimme den Grünen zu geben. Beide Kandidaten, die jeweils den Segen ihrer Parteivorstände haben, vermieden zunächst das Wort "Wahlempfehlung" wie der Teufel das Weihwasser. Statt dessen sprachen sie von "taktischem" und "intelligentem" Wählen. Die Kandidaten wurden jeweils unterstützt durch Parteivertreter: Natalie Konias vom Grünen-Vorstand und Thilo Waasem vom SPD-Unterbezirksvorstand. Alle betonten die gemeinsame Interessenlage, die Schmitz so auf den Punkt brachte: "Ich will nicht Schwarz-Grün und die Grünen wollen keine große Koalition." Alle gemeinsam brachten fortgesetzt zum Ausdruck, dass sie bei dem Verfahren nur eines im Sinne hätten: Den Regierungswechsel in Düsseldorf und die Bildung einer rot-grünen Landesregierung. Schmitz: "Da gibt es die größten Schnittmengen, etwa bei den Themen Bildung, Energie oder Beitragsbefreiung beim Kindergarten." Da die Kandidatin der Grünen keine Chance sieht, ein Direktmandat zu errichten, während das bei Uwe Schmitz nicht gänzlich ausgeschlossen erscheint, setzt Kalnins darauf, eine möglichst starke Grünen-Fraktion im Landtag zu erreichen. Allerdings müsste schon ein Wunder geschehen, damit sie selbst mit Listenplatz 37 in den Landtag käme. Dann müssten die Grünen rund 20 Prozent der Stimmen erhalten, wovon sie nach allen Umfragen weit entfernt sind. Kalnins richtete den Blick darauf, dass die Wähler jetzt erstmals bei Landtagswahlen zwei Stimmen haben. Das, so die Grüne, ermögliche es, genau zu überlegen, welche Ziele man bei der Wahl verfolge. Wer Rot-Grün statt Schwarz-Gelb wolle, könne mit der Wahlempfehlung vom Dienstag das Ziel unterstützen. In die gleiche Richtung zielte auch Konias: "Stimmen-Splitting ist nichts anderes als eine intelligente Wahlentscheidung und ein Werkzeug gegen Schwarz-Gelb." Schmitz sieht die allgemeine landesweite Wechselstimmung im Kreis Euskirchen zusätzlich beflügelt durch die Probleme der CDU, die insbesondere bei der Kommunalwahl 2009 gnadenlos abgestraft worden war. Zwar habe man schon länger über ein strategisches Bündnis mit den Grünen nachgedacht, sagte Schmitz, aber die Entscheidung sei erst am vergangenen Freitag gefallen. Und das sei keineswegs eine Lex Euskirchen: "Solche Empfehlungen gibt es auch anderswo, wenn es Sinn macht." Auch die Grünen holten sich "von oben" den Segen. Konias: "Es gibt ein Votum vom Landesvorstand vom heutigen Tag. Das ist völlig konform." Nach der auch rechnerisch denkbaren Konstellation Rot-Rot-Grün befragt, sagte Schmitz: "Wir suchen die Auseinandersetzung mit den Linken, nicht die Zusammenarbeit. Wir wollen die Linken im Landtag verhindern." Stadtanzeiger, 05.05.2010   Wählst du meinen Mann, wähl' ich deine Partei SPD und Grüne fordern ihre Unterstützer zum taktischen Umgang mit dem Wahlzettel auf MICHAEL SCHWARZ KREIS EUSKIRCHEN. Der Name "Angela Kalnins" wird bei der Landtagswahl am Sonntag in der ersten Spalte auf dem Wahlzettel stehen. Doch besonderen Wert auf möglichst viele Kreuzchen dahinter legt Kalnins nicht: "Jede Stimme für mich ist gut für mein Ego. Aber sie wird mich nicht nach Düsseldorf bringen." Der Name "Uwe Schmitz" wird ebenfalls in der Erststimmenspalte stehen, Schmitz aber legt weiterhin Wert auf möglichst viele Stimmen – auch von denen, die zunächst Angela Kalnins wählen wollten. Wie die Rundschau gestern berichtete, fordern SPD und Grüne ihre Wähler zum taktischen Umgang mit dem Wahlzettel auf. Offiziell wurde das gestern Mittag von SPD-Landtagskandidat Uwe Schmitz und der Grünen Angela Kalnins bekannt gegeben. Ziel sei es, dem rot-grünen Bündnis samt Inhalten – etwa Bildungs- und Energiepolitik – im Landtag zur Mehrheit zu verhelfen. "Taktisch klug zu wählen ist es, die Erststimme dem SPD-Kandidaten zu geben, und weil Angela Kalnins als fähige Frau auch in den Landtag gehört, mit der Zweitstimme die Grünen stark zu machen", erklärt Schmitz. Um Rot-Grün zu stärken, so Kalnins, "ist es die günstigste Möglichkeit, den Direktkandidaten der SPD zu unterstützen". Sie selbst habe nur eine Chance, in den Landtag zu kommen, wenn die Grünen ein sehr gutes Zweitstimmen-Ergebnis erhielten. Bei Listenplatz 37 wären das auf dem direkten Weg etwa 20 Prozent. "Das gibt keine Umfrage her", so Kalnins. Aber sollten die Grünen in die Regierung gelangen, würden einige Minister oder Ministerialbeamte Plätze für Nachrücker freimachen. Außerdem seien zahlreiche Überhang- und Ausgleichsmandate zu erwarten. Grünen-Kreisparteisprecherin Nathalie Konias sieht im Stimmensplitting "ein Werkzeug gegen Schwarz-Gelb". Auf die Frage, wann es zu dieser Entscheidung gekommen sei, erklärte Schmitz: "Da reden wir schon länger drüber. Es macht natürlich keinen Sinn, so etwas vier Wochen vor dem Wahltermin herauszuposaunen." Vergangenen Freitag sei man dann im kleinen Kreis zu dem Ergebnis gekommen. Wenn aber seit längerem diese Überlegung besteht, warum trat Kalnins dann als Erststimmen-Kandidatin im Wahlkampf auf? "Sie war im Prinzip das Gesicht für die grünen Inhalte, das haben wir auch von Anfang an klargestellt", sagt Konias. Einen personalisierten Wahlkampf habe die Partei nicht geführt. "Wir sind ja keine Fantasten, dass wir plötzlich ein Direktmandat erwarten." Steht der Grünen-Kreisvorstand einmütig zu dem Vorgehen? "Ich bringe das Votum des Vorstandes mit", erklärt Konias etwas ausweichend. Kalnins traut Schmitz den Sieg im Wahlkreis zu. Sie und Schmitz rechnen damit, dass die CDU im Vergleich zu 2005 reichlich Federn lassen werde. Schmitz über seine Chancen: "Das kann gelingen." CDU-Kandidat Klaus Voussem sei bislang auf Kreisebene nicht in Erscheinung getreten: "Der macht jetzt seine Rundreise, um sich ein Bild vom Kreis Euskirchen zu machen. Ich weiß schon seit Jahren, wo der Schuh drückt."Rundschau, 05.05.2010