Von MANFRED REINNARTH aus der Kölnischen Rundschau vom 07. März 2013Um Viertelstelle gerungenGrüne verweigern erneut Haushalt der Kreisstadt die ZustimmungEUSKIRCHEN. Schulden so groß, dass man ein Loch in den Ratssaal-Boden bohren müsste, damit das Ausmaß sichtbar wäre (Zitat Josef Schleser, SPD), Sozialkosten und andere fremdbestimmte Ausgabe, die den Haushaltsausgleich zu einer Sisyphus-Arbeit machten (Klaus Voussem CDU), eine schmerzhafte Anhebung der Realsteuersätze, die notwendig war, um das Heft des Handelns in der Hand zu behalten (Manfred van Bahlen, FDP), eine Kreisumlage, die mindestens zwei Prozent zu hoch sei (Susanne Daniel, UWV) – jeder, der schließlich dem Haushalt der Kreisstadt zustimmte, hatte irgendwie über seinen Schatten springen müssen. Die fünf Grünen, die an der Sitzung des Stadtrates teilnahmen, wollten das aber nicht und verweigerten die Zustimmung. Anita Heinemeyer (parteilos) und Josef Mauth (CDU) enthielten sich.Bevor der Haushalt durch war, wurde gefeilscht. Teils um eine Viertelstelle zur Betreuung des Integrationsrates durch eine Verwaltungskraft. Denn der Integrationsrat wird in Kürze, wie Horst Belter (SPD) erklärte, ein weiteres Mitglied verlieren. Bürgermeister Dr. Uwe Friedl hatte aber nicht mehr als eine Viertelstelle im Angebot, die erst in einem halben Jahr frei wird.Anträge zeigten, was den Parteien wichtig ist. So forderte die CDU ein neues Einzelhandelskonzept. Weil die SPD erst wissen will, warum das 30 000 Euro kosten muss, wird sich der Planungsausschuss damit befassen.Die SPD setzte mit Unterstützung von Rat und Bürgermeister dem Kämmerer ein Ultimatum: Er soll die seit 2008 fehlenden Jahresabschlüsse vorlegen.Die von einer Mehrheit geforderte Unterstützung für das Caritas-Obdachlosen-Projekt "Moses", die Anschaffung eines Hubsteigers (damit der Bauhof die Straßenleuchten selbst warten kann) und Geld für eine Umbauplanung an der Franziskusschule entlarvte Friedl als Wahlkampf-Getöse. "Ich weiß nicht, was Sie wollen. Das ist doch gerade mit den Wirtschaftsplänen beschlossen worden."Die SPD wollte zudem die Gewinnausschüttung der Euskirchener gemeinnützigen Baugesellschaft am Stammkapital festmachen. Josef Schleser wollte damit verhindern, dass die Eugebau zu viel vom Gewinn abführen muss und ihrer gemeinnützigen Aufgabe nicht richtig nachkommen kann. Doch da forderte die CDU "erstmal abzuwarten", und die FDP mahnte an, nicht an einer Stellschraube nachzuregeln. Alle Fraktionen hätten Zugeständnisse gemacht. 236 000 Euro hätten der Stadt in der Kalkulation gefehlt, wenn sich die SPD durchgesetzt hätte. Auch ein Verzicht auf die Konzessionsabgabe für Wasser fand keine Mehrheit. 22 Ratsmitglieder lehnten den Verzicht ab.Diskussionen um den Stellenplan führten dazu, dass die halbe Stelle für Schulsozialarbeit an der Georgschule nicht gestrichen wird. Die Verwaltung wollte sie wegen der geplanten Schließung der Hauptschule streichen – vor allem weil Friedl Schwierigkeiten bei der Besetzung einer nur noch kurze Zeit bestehenden Stelle sah. Der Rat pochte aber auf die Stelle und sicherte deren Erhalt durch die Erlaubnis, dass die neue Betreuungskraft später in den Grundschulen eingesetzt werden dürfe.Keine Entlastung für die BauaufsichtUnterschiedliche Auffassung hatten die Parteien von der Belastung der Bauaufsicht. Die SPD sieht nach einem Blick in die Krankenstände dringenden Bedarf für eine weitere Stelle. Doch die Mehrheit, vor allem die CDU, verwies auf einen Wirtschaftsprüfungsbericht, der eine "vergleichsweise üppige Besetzung" ausweise. Josef Schleser fürchtet, dass die Entscheidung wegen der zu geringen Anwesenheit des Personals in der Bauaufsicht "bürger- und investitionsunfreundlich" sei.Die FDP hatte aus Meldungen zur Neuregelung der Grundstücksentwässerung durch das Land gedeutet, dass "Omas klein Häuschen von einer verpflichtenden Dichtheitsprüfung ausgenommen werde" und forderte die Streichung der Beraterstelle bei der Stadt Euskirchen. Doch davor warnte Bürgermeister Friedl ausdrücklich: "Es stimmt nicht, dass nur noch in Wasserschutzzonen Kanäle dicht sein müssen." Vielmehr sei es so, dass die Kommunen entscheiden könnten, wo sie die Dichtheitsprüfung forderten, letztlich aber dafür haften müssten. Zumal Friedl auch darauf hinwies, dass die Beraterstelle durch Gebühren finanziert sei, kratzte der Rat nicht an ihrem Fortbestand.Die Haushaltsreden gaben noch mehr her: Voussem, auch Landtagsabgeordneter, kritisierte die ungleiche Verteilung von Schlüsselzuweisungen des Landes zu Lasten des ländlichen Raums. "Ein Großteil des jährlichen städtischen Defizits beruht auf der Umlagepolitik übergeordneter Ebenen", klagte Voussem. Josef Schleser bemängelte den Schuldenstand von 120 Millionen Euro: "Seit Sie, Dr. Friedl, Bürgermeister sind, sind jedes Jahr die Kassenkredite horrend in mehr als Millionenhöhe gestiegen."Manfred van Bahlen erinnerte an den FDP-Vorschlag zum "Bau eines multifunktionalen Schulzentrums" hinter dem Bahnhof, "anstatt immer wieder alte Bausubstand notdürftig zu sanieren". Er erwartet Schwierigkeiten bei der Umwandlung der beiden Realschulen in eine Gesamtschule.Dorothee Kroll (Grüne) bezeichnete das City-Forum als "Denkmal des kommunalen Hybrids" und "Millionengrab". Susanne Daniel mahnte den Verkauf dieses Gebäudes an. Dies, so Friedl, habe jedoch keine hohe Priorität.———————-VON JOHANNES BÜHL aus dem Kölner Stadtanzeiger vom 07. März 2013Sogar die SPD stimmte diesmal zuSTADTRAT Haushalt mit großer Mehrheit verabschiedet – Deutlich geringeres DefizitEuskirchen. Nur fünf Gegenstimmen notierte Bürgermeister Dr. Uwe Friedl (CDU), als der Euskirchener Rat am Dienstag die städtische Haushaltssatzung für 2013 unter Dach und Fach brachte. Lediglich die Grünen verweigerten ihre Zustimmung zu dem Zahlenwerk, das Aufwendungen in Höhe von rund 127 Millionen Euro und ein Defizit von etwa 2,3 Millionen Euro vorsieht. Die überwältigende Mehrheit war auf die SPD zurückzuführen, die erstmals nach vielen Jahren mit Ja stimmte.Der Fehlbetrag ist zwar nach wie vor beträchtlich – 2012 hatte er sich aber noch auf rund 15 Millionen Euro belaufen. Die deutliche Verbesserung ist Folge der radikalen Steuererhöhungen, die der Rat im Dezember beschlossen hatte. Dadurch sehen auch die Prognosen viel freundlicher aus; für 2015 rechnet Kämmerer Klaus Schmitz zum ersten Mal nach langer Zeit wieder mit einem Überschuss.Trotzdem waren am Dienstag keine Jubeltöne zu vernehmen. Im Gegenteil. CDU-Chef Klaus Voussem verglich die Konsolidierung des Etats mit den Mühen des Sisyphus in der Antike. Er zählte auch die Gründe auf, die zu Euskirchens Verbannung in die "Unterwelt der Kommunalfinanzen" geführt haben.An erster Stelle nannte Voussem die Benachteiligung des ländlichen Raums durch die rot-grüne Landesregierung sowie weitere Entscheidungen auf übergeordneter Ebene, auf die die Stadt keinen Einfluss habe. Die externen Transferaufwendungen, die Euskirchen 2013 leisten muss, summieren sich nach Berechnungen der CDU auf über 62 Millionen Euro.Als Schlüsselthemen der Zukunft nannte Voussem "Kinder, Bildung und Arbeit". Der Rat müsse intensiv erörtern, "was junge Familien benötigen, wie Familie und Beruf in Einklang gebracht werden und was wir dafür tun können". Wichtig sei vor allem der Ausbau der U-3-Betreuung und des Schulganztagsangebots.Auf breite Zustimmung stieß die CDU mit ihrem Antrag, zusätzlich 30 000 Euro im Haushalt zu verankern, um von externen Experten das städtische Einzelhandelsgutachten fortschreiben zu lassen. Dies sei unerlässlich für die weitere Entwicklung der Stadt, sagte Voussem. Eine Politik, die das Wachstum fördere und damit die Einnahmen verbessere, sei gemeinsam mit weiteren Ausgabeverringerungen die Voraussetzung für eine nachhaltige Haushaltskonsolidierung. Die Pro-Kopf-Verschuldung in Euskirchen bezifferte der CDU-Fraktionschef mit 2208 Euro. Damit lag er rund 300 Euro niedriger als Josef Schleser (SPD). Letzterer hatte bei seiner Berechnung allerdings den Gesamtschuldenstand zu hoch angesetzt. Er liegt nach Friedls Angaben bei 120 Millionen und nicht bei 150 Millionen Euro, wie Schleser angenommen hatte.Der SPD-Sprecher forderte eine Reduzierung der Kassenkredite (derzeit 30 Millionen Euro), die eigentlich nur kurzfristige Engpässe überbrücken sollten, aber seit Friedls Amtsantritt 1999 immer mehr "wie die giftige Herkulesstaude alles zu überwuchern drohen", wie Schleser es formulierte.Der Fraktionschef lenkte den Blick auch auf weitere Großausgaben. Er nannte Kostensteigerungen bei der Sanierung der Marienschule, die Umgestaltung der Franziskusschule, die Erweiterung der Feuerwache und den Umbau des Realschulzentrums.Mit mehreren Anträgen löste die SPD beim Bürgermeister Irritationen aus. Schleser hatte gefordert, Geld für die Anschaffung eines Bauhof-Fahrzeugs, Planungsmittel für Umbauten in der Franziskusschule sowie 37 500 Euro für die Fortführung des Straßensozialarbeitsprojekts "Moses" bereitzustellen. Alles dies sei doch schon im Vorfeld beschlossen worden, sagte Friedl. Ein echtes Erfolgserlebnis hatten die Genossen aber doch noch: Der Rat segnete einstimmig ihren Antrag ab, eine zusätzliche halbe Stelle für die Schulsozialarbeit auszuweisen.